Die (Ent-)Politisierung der Kunstwissenschaft. Marxistische Traditionslinien seit 1968 | (De)Politicising Art Studies. Marxist Traditions since 1968
10.–11. November 2023
Technische Universität Berlin, Str. des 17. Juni 152, 10623 Berlin
Konzept & Organisation: Sebastian Hammerschmidt, Kaja Ninnis, Charlotte Püttmann
Kooperation: Lukas Fuchsgruber (Technische Universität Berlin / Museums & Society – Mapping the Social), Gerhard Mercator Graduiertenkolleg Weltoffenheit, Toleranz und Gemeinsinn (Universität Duisburg-Essen)
Anmeldung: edk@ulmer-verein.de
Kunstwissenschaft ist politisch. Dieses Selbstverständnis ist im deutschsprachigen Raum spätestens seit 1968 fest in der DNA des Fachs verankert. Die Gründung des Ulmer Vereins in diesem Jahr, damals ein radikal-politischer und linker Gegenentwurf zum konservativen Verband Deutscher Kunsthistoriker [heute: Deutscher Verband für Kunstgeschichte e.V.], stellt in diesem Kontext eine unverkennbare Zäsur dar. 1973 erschien die erste Ausgabe der kritischen berichte, bis heute Sprachrohr des Vereins, dessen Zweck in der Überwindung der „Stagnation des Faches Kunstgeschichte durch die Bestimmung seiner Funktion in der Gesellschaft” bestehen sollte.
Nach Jahrzehnten der politisch engagierten Kunstwissenschaft und der theoretischen sowie praktischen Auseinandersetzung mit strukturellen Problemstellungen des Faches, schien sich seit den 1980er Jahren im deutschsprachigen Raum allerdings eine schleichende Entpolitisierung der Disziplin vollzogen zu haben: Marx sei durch Warburg als Referenz abgelöst worden, so lautete prominent die Diagnose von Otto Karl Werckmeister.
Diesem Befund stehen eine Vielzahl jüngerer Forschungsansätze gegenüber, die ihre kunst- und bildwissenschaftlichen Programmatiken entlang von Ungleichheitsverhältnissen und Machtasymmetrien formulieren: Ganz offensiv verknüpfen feministische, postkoloniale oder anti-klassistische Ansätze Kunstwissenschaft erneut mit der sozialen Frage. Wie aber stehen diese Ansätze zur marxistischen Tradition des Fachs? Inwieweit gibt es hier Kontinuitäten oder wird die soziale Frage von diesen jüngeren Ansätzen ganz anders beurteilt?
Ausgehend von den politischen Umschwüngen 1968 in und außerhalb der Kunstwissenschaft, fragt die Tagung nach den historischen Hintergründen, Traditionslinien und möglichen Zukünften einer politischen, im Besonderen einer marxistischen Kunstwissenschaft. Dazu laden wir Forschende aus Kunstwissenschaft und angrenzenden Bereichen ein, um gemeinsam die Entwicklung des Faches seit 1968 zu reflektieren und das politische Selbstverständnis unserer Disziplin zu diskutieren. Während der Fokus zunächst auf der Situation im deutschsprachigen Raum liegt, wird diese nach und nach um internationale Perspektiven erweitert. Dementsprechend wird der erste Tag der Konferenz deutsch-, der zweite englischsprachig geführt.
PROGRAMM
Freitag, 10. November 2023 [DE]
10:00 – 10:15 Uhr: Begrüßung und Einführung
Panel I) Make Art History not War – Die 1968er und die Kunstwissenschaft
Chair: Philipp Felsch (Humboldt-Universität zu Berlin)
10:15 – 10:45 Uhr: I.I Kunstgeschichte mit Links: Perspektiven auf die Arbeit des Ulmer Vereins
Speaker: Isabelle Lindermann & Andreas Huth (Ulmer Verein)
10:45 – 11:15 Uhr: I.II „Links hat noch alles sich zu enträtseln“. Anmerkungen zu einer Genealogie
Speaker: Thorsten Schneider (Universität Lüneburg)
11:15 – 11:45 Uhr: I.III Paneldiskussion
11:45 – 14:00 Uhr: Mittagspause
Panel II) Activist Art History – Marxistische Kunstwissenschaft und die politische Linke
Chair: Alex Demirović (Rosa Luxemburg Stiftung)
14:00 – 14:30 Uhr: II.I Politische Allianzen: Die Kunstwissenschaft und die Neue Linke
Speaker: Martin Papenbrock (Karlsruher Institut für Technologie)
14:30 – 15:00 Uhr: II.II Kunst und (Neue) Rechte
Speaker: Kathrin Rottmann & Friederike Sigler (Ruhr Universität Bochum)
15:00 – 15:30 Uhr: II.III Sind wir gegen Faschismus? Zum Umgang der Linken mit dem Krieg
Speaker: Olga Reznikova (Universität Innsbruck)
15:30 – 16:00 Uhr: II.IV Paneldiskussion
16:00 – 18:00 Uhr: Kaffeepause
18:00 – 19:30 Uhr: Keynote) Von Marx zu Warburg – Die Entpolitisierung der Kunstwissenschaft?
Speaker I: Katja Bernhardt (Universität Hamburg)
Speaker II: Godehard Janzing (Philipps-Universität Marburg)
19:30 – 22:00 Uhr Get-together mit Essen und Getränken
Samstag, 11. November 2023 [EN]
Panel III) Marx heute? – Traditionslinien linker Kunstwissenschaft
Chair: Johan Frederik Hartle (Akademie der Bildenden Künste, Wien)
10:00 – 10:30 Uhr: III.I Abolitionists in the Park, Collectives on the Canvas
Speaker: Simon Vagts (Kunstakademie Münster)
10:30 – 11:00 Uhr: III.II Self-Organization from Below to Strike the Border: Politics and Aesthetics of (Post)Migration
Speaker: Elisa R. Linn (Halle für Kunst e.V., Lüneburg)
11:00 – 11:30 Uhr: III.III Panel Discussion
11:30 – 13:00 Uhr: Lunch Break
Panel IV) Brüche und Kontinuitäten – Internationale Perspektiven
Chair: Wendy Shaw (Freie Universität Berlin)
13:00 – 13:30 Uhr: IV.I Contradiction vs. Diversity: Soviet Marxism and the “End of Art History”
Speaker: Angela Harutyunyan (Universität der Künste Berlin)
13:30 – 14:00 Uhr: IV.II A Question of Class: Marxist Art History in the UK
Speaker: Danielle Child (Manchester School of Art)
14:00 – 14:30 Uhr: IV.III The Power of (Un)learning: Radical Pedagogical Practices in Brazil
Speaker: Filipe Lippe (HFBK Hamburg)
14:30 – 15:00 Uhr: IV.IV Paneldiskussion
15:00 – 15:30 Uhr: Kaffeepause
Panel V) Museumskritik und Marxistische Kunstwissenschaft
Chair: Lukas Fuchsgruber (Technische Universität Berlin)
15:30 – 16:00 Uhr: V.I Museums After Value-Form Theory
Speaker: Nizan Shaked (California State University, Long Beach)
16:00 – 16:30 Uhr: V.II Art’s Needyness / Art’s Needfulness
Speaker: Kerstin Stakemeier (Akademie der Bildenden Künste, Nürnberg)
16:30 – 17:00 Uhr: V.III Paneldiskussion
17:00 – 17:15 Uhr: Closing Remarks
